Page 99 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Entscheidend ist, dass der Anlieger nach den Straßengesetzen Maßnahmen zum Schutz vor Einwirkungen
         der Natur auf die Straße zu dulden, aber eben nur zu dulden und nicht selbst durchzuführen hat. Vielmehr
         hat die Straßenverkehrsbehörde die Schutzvorkehrungen zu treffen hat, und zwar aufgrund ihrer Ver-
         kehrssicherungspflicht für die Straße. Das wird auch beispielsweise in der Kommentierung der Straßenge-
         setze – so von Fickert für Nordrhein-Westfalen so herausgestellt:

         Die Bedeutung der Vorschrift ist vor allem darin zu sehen, dass die Eigentümer der an den Straßen gele-
         genen Grundstücke, von denen nachteilige Einwirkungen der Natur ausgehen, für diese nicht – etwa im
         Sinne der Verkehrssicherungspflicht – einzustehen haben, wenn die benachbarten Grundstücke unver-
         ändert belassen worden sind und erst das Hinzukommen der Straße und des Verkehrs die gefährdenden
         Verhältnisse schafft.
         Die – eingeschränkte – Zustandshaftung für diese Grundstücke folgt aus der rechtlichen und tatsächli-
         chen Sachherrschaft …. Die Vorschrift über die Behandlung notwendiger Schutzmaßnahmen beruht da-
         rauf, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung des RG… und des BGH … den Trägern der Straßen-
         baulast als Verkehrssicherungspflichtigen und nicht den Anlieger dazu verpflichtet hat, die Verkehrs-
         teilnehmer als Benutzer der Straße vor einer Gefährdung durch die Einwirkung bloßer Naturkräfte zu
         schützen.

         Hinsichtlich der Gefährdung des Verkehrs durch Schneebruch aus Waldrandbäumen an öffentlichen Stra-
         ßen ergibt sich daraus, dass die Straßenverkehrsbehörde verkehrssicherungspflichtig ist. Dies gilt nicht
         nur für den Ausbruch gesunder Äste, sondern auch für den Ausbruch vorgeschädigter Äste. Sie muss in
         jedem Fall tätig werden. Allerdings bleibt zu untersuchen, ob der Waldbesitzer im letzten Fall als „Störer“
         im Sinn des § 1004 BGB anzusehen ist, und er nach dem Tätigwerden der Straßenverkehrsbehörde die
         entstandenen Kosten zu erstatten hat.


         Störereigenschaft im Sinn des § 1004 BGB

         Während  der  Schadensersatzanspruch  nach  §  823  wegen  Verletzung  der  Verkehrssicherungspflicht
         ein Verschulden voraussetzt, ist der auf § 1004 BGB gestützte Beseitigungsanspruch unabhängig von
         einem Verschulden. Im Fall der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht geht es um den Anspruch des
         Verkehrsteilnehmers gegen den Verkehrssicherungspflichtigen, hier gegen die Straßenverkehrsbehörde.
         Im Fall des Beseitigungsanspruchs geht es um einen Anspruch zwischen dem Straßeneigentümer und
         dem Waldeigentümer.
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