Page 103 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen. Dazu gehören
         folgerichtig auch die Fachkenntnisse, die im jeweiligen Tätigkeitsbereich erforderlich sind. Behörde und
         Mitarbeiter müssen also über den derzeitigen „Stand der Technik und Erfahrungen“ auf dem Gebiet der
         Baumkontrollen und Baumpflege informiert sein.

         Der Straßenwärter ist Ansprüchen des Geschädigten zwar nicht unmittelbar ausgesetzt. Da aber die
         Behörde Rückgriff auf den Straßenwärter nehmen kann, wenn ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit
         nachgewiesen werden, müssen diese Begriffe des Verschuldens geklärt werden. Es gibt folgende For-
         men des Verschuldens (dies ist der Obergriff), und zwar Vorsatz, bedingter Vorsatz, grobe und leichte
         Fahrlässigkeit.
         Vorsatz ist gegeben, wenn z. B. der Straßenwärter einen Straßenbaum als sicher einstuft, obwohl ihm die
         von dem betreffenden Baum ausgehende Gefahr bekannt war. Dies wird allerdings kaum vorkommen.

         Es gibt noch den bedingten Vorsatz, wenn der Straßenwärter zwar weiß, dass der Baum nicht mehr
         sicher ist, er aber nichts unternimmt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass ein Schaden eintritt.

         Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Straßenwärter seine Kontrollpflicht in besonders schwerem
         Maße verletzt hat. Es muss ihm dazu nachgewiesen werden, dass er einfache, ganz nahe liegende Über-
         legungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was in der gegebenen Situation jedem einleuchten
         musste. Man muss sagen können: „Das darf einfach nicht vorkommen.“ Das ist der Fall, wenn der Stra-
         ßenwärter einen bruchgefährdeten Baum für sicher erklärt, den er nur ganz flüchtig untersucht hat und
         deshalb beispielsweise große Pilzfruchtkörper übersehen hat.
         Leichte (einfache) Fahrlässigkeit wird im Gesetz, in § 276 Abs. 2 BGB, definiert: „Fahrlässig handelt,
         wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.“ Diese Sorgfalt wird daran gemessen, wie
         sich ein „normal veranlagter und gewissenhafter“ Straßenwärter bei seinen Entscheidungen verhalten
         würde. Es handelt sich also lediglich um Fehler oder Pflichtwidrigkeiten, die auch einem gewissenhaften
         Straßenwärter einmal unterlaufen können. Man muss sagen können: „Das kann jedem einmal passie-
         ren.“ Das könnte der Fall sein, wenn der Straßenwärter beispielsweise nicht besonders auffällige bruch-
         gefährdete Totäste in einer belaubten Krone übersehen hat, und es anschließend zu einem Astbruch und
         Schaden gekommen ist.
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