Page 91 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Unterlassene Maßnahmen müssen für den Schaden ursächlich sein

         Schließlich hatte der beklagte Straßenbaulastträger geltend gemacht, dass bei einer nachträglichen Un-
         tersuchung mit dem Resistografen in dem Bereich, den man am stehenden Baum hätte untersuchen
         können, nur in einem sehr abgegrenzten Bereich eine Verminderung der Holzfestigkeit festgestellt wurde.
         Dies hätte maximal dazu geführt, eine leichte Kronenentlastung innerhalb der normalen Arbeitsplanung
         vorzunehmen.
         Das Gericht stellte jedoch fest, dass der Beklagte nicht substantiiert dargelegt hätte, dass der Schaden
         auch dann entstanden wäre, wenn die Baumkrone innerhalb der normalen Arbeitsplanung entlastet wor-
         den wäre. Denn wenn innerhalb der normalen Arbeitsplanung bedeuten würde, dass die Baumkrone vor
         dem Unfall weniger Äste gehabt hätte, wäre der Unfall nicht oder nicht in dieser Weise eingetreten. Das
         ist zumindest insofern nicht nachvollziehbar, als sich der Unfall am 13. September 2008 ereignete, also
         nur fünf Tage nach der Baumkontrolle am 8. September 2008. Hier hätte ein Sachverständigengutach-
         ten Auskunft über die erkennbare Gefahr einerseits und die daraus folgende Zeitspanne bis zum Hand-
         lungsbedarf geben müssen.

         Im Übrigen schloss das Gericht auch höhere Gewalt aus. Es ließ den Einwand nicht gelten, dass zum
         Zeitpunkt des Unfalls Sturm geherrscht habe. Hier hatte es der Beklagte zu seinen Lasten versäumt, die
         Sturmstärke durch Wetterberichte zu belegen. Allerdings liest sich die Begründung des Gerichts etwas
         merkwürdig, wenn es heißt: „Der Beklagte hat weder dargelegt, welche Windstärke zum Unfallzeitpunkt
         herrschte noch inwieweit der Sturm ein unvorhersehbares Ereignis gewesen sein soll, das weder verhütet
         werden konnte noch in Kauf genommen zu werden brauchte.“


         Ergebnis

         Zu Recht hat das LG Berlin gerügt, dass der Baumkontrolleur keine Zeitangaben für die von ihm für erfor-
         derlich gehaltene eingehende Untersuchung gemacht hat. Eine Dokumentation der Baumkontrolle ohne
         Zeitangabe für die anschließend erforderlichen Maßnahmen ist fehlerhaft.
         Zu Unrecht geht das LG Berlin allerdings davon aus, dass bei Schäden am Baum in jedem Fall  u n v e r-
         z ü g l i c h  Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen sind. Das setzt voraus, dass eine unmittelbar drohende
         Gefahr für den Baumkontrolleur erkennbar war, was sich im vorliegenden Fall nicht zweifelsfrei aus den
         Urteilsgründen ergibt.
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