Page 89 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Rundschreiben der Berliner Senatsverwaltung (RBU) als Maßstab für die
         Verkehrssicherungspflicht

         Das LG Berlin führte im Sinn des Bundesgerichtshofs (www.baeumeundrecht.de) aus: „Es gibt kein ver-
         bindliches Regelwerk, das umfassend darüber Auskunft gibt, was der Verkehrssicherungspflichtige im
         Einzelnen zu tun oder zu unterlassen hat, um im Falle eines Falles nicht zu haften.“ Dennoch stützt sich
         das Gericht auf das Rundschreiben RBU im Sinne eines maßgeblichen Regelwerks, wenn es heißt: „In
         ihrem Rundschreiben über den Bau und die Unterhaltung von Straßengrün (im Folgenden genannt: RBU)
         hat die Berliner Senatsverwaltung am 17. August 2001 Empfehlungen abgegeben, um für den Bau und
         die Unterhaltung von Straßengrün wieder eine einheitliche Grundlage zu haben. Diese Empfehlungen ent-
         sprechen den von der Rechtsprechung zuletzt entwickelten Grundsätzen zur Ausgestaltung der Verkehrs-
         sicherungspflicht bei Straßenbäumen und werden deshalb zur Definition der Verkehrssicherungspflicht
         des Beklagten herangezogen.“
         So wie die Empfehlungen im RBU vom LG Berlin verstanden werden, entsprechen sie tatsächlich den
         von der Rechtsprechung entwickelten – und zwar immer strengeren – Grundsätzen und erhöhen die
         Anforderungen sogar noch. Das Gericht stellt zunächst fest, dass nach § 19 Abs. 4 RBU unverzüglich die
         erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind, wenn bei der Prüfung der Verkehrssicherheit von
         Bäumen Schäden oder Mängel festgestellt werden, die auf eine unmittelbar drohende Gefahr schließen
         lassen. Das ist uneingeschränkt zutreffend.

         Danach tendiert das Gericht jedoch in eine Richtung, die bei Unfällen von vorneherein eine  Ver-
         kehrssicherungspflichtverletzung  im Blick hat, wenn überhaupt irgendwelche Schäden am Baum
         festgestellt werden. „Auch bei einer möglichen Gefahr oder einem Gefahrenverdacht muss der Stra-
         ßenbaulastträger nach § 19 IV RBU handeln. Ein Gefahrenverdacht liegt immer dann vor, wenn der
         Behörde bestimmte Unsicherheiten bei der Diagnose des Sachverhalts bewusst sind und ihr deshalb
         die Entscheidung über die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts erschwert wird. Dann hat der
         Straßenbaulastträger  unverzüglich vorläufige Maßnahmen  zur Sachverhaltsaufklärung, insbesondere
         fachmännische Untersuchungen durch weitere, genauere und möglicherweise auch invasive Maßnah-
         men durchzuführen.  Wenn besondere wichtige Rechtsgüter wie Leib und Leben gefährdet sind,
         hat der Sachverständige auch endgültige Maßnahmen zu treffen.“
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