Page 74 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Das OLG Brandenburg hat in einem Urteil vom 16. 5. 1995 eine ähnliche Richtung eingeschlagen, in
dessen Leitsätzen es heißt:
„Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht richtet sich nach der Erkennbarkeit der Gefahrenquelle, dem
Grad der Frequentierung und der Breite der Straße, der Höhe des in den Fahrbahnluftraum hineinragen-
den Gegenstands und der konkret an dieser Stelle zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
Eine besondere Verkehrssicherungspflicht (Amtspflicht) zur Entfernung eines Astes oder zur Aufstellung
eines Warnschilds besteht nicht, wenn der Ast bei einer 8 m breiten geradeaus verlaufenden Landstraße
erster Ordnung in einer Höhe von 3,80 m 24 cm und erst in einer Höhe von über 4 m weitere 1,75 m bis
2 m in die Fahrbahn hineinragt.“
In den Entscheidungsgründen wird das Maß der Verkehrssicherungspflicht bei Straßenbäumen hinsicht-
lich des Lichtraumprofils wie folgt abgestuft:
„Das Maß der Straßenverkehrssicherungspflicht muss umso höher sein,
n je weniger erkennbar die Gefahrenstelle ist,
n je befahrener die Straße ist, was auch seinen Ausdruck findet in der Einordnung der Straße als
Bundes- oder Landesstraße,
n je schmaler die Straße ist, weil dann das Ausweichen vor der Gefahrenstelle erschwert und mit der
Gefahr, auf die Gegenfahrbahn zu geraten verbunden ist,
n je niedriger der hineinragende Ast ist, weil dann die Gefahr einer Kollision mit Aufbauten um so
größer ist, je höher die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist, weil dann eine angemessene Reaktion
im Sinne eines Ausweichens oder Abbremsens um so weniger möglich ist.“
Das Urteil des OLG Dresden vom 2. Oktober 1996 befasst sich in ähnlicher Weise und noch eingehender
mit den Anforderungen, die einerseits an das Freischneiden des Lichtraumprofils und andererseits an das
Verhalten des Kraftfahrzeugfahrers auf Straßen mit Bäumen zu stellen sind. Hinsichtlich der Einhaltung
des Lichtraumprofils gehen sowohl der Bundesgerichtshof (BGH VersR 1968, 72; BGHZ 60,54) wie auch
die genannten Oberlandesgerichte davon aus, dass es die Verkehrssicherungspflicht nicht erfordert, den
Luftraum über Straßen generell in der nach § 32 Abs.1 Nr.2 StVZO für Fahrzeuge geltenden maximalen
Höhe von 4 m freizuhalten. Das OLG Dresden legt sich in seinen Entscheidungsgründen nicht auf die
ESD
2019