Page 78 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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entfernenden Äste zu einem Zeitpunkt beseitigt werden, da sie noch geringe Durchmesser aufweisen
         und beim jeweiligen Schnitteinsatz nur wenige Äste entnommen werden. Nach etwa 20 Jahren ist das
         endgültige Lichtraumprofil geschaffen, unter größtmöglicher Schonung des Baumes. Derart geschonte
         Bäume verursachen im Vergleich geringe baumpflegerische Folgekosten.



               Praxis der Baumbeurteilung – Kappung*

         Die Kappung von Bäumen wird in der ZTV-Baumpflege wie folgt definiert: „Umfangreiches, baumzer-
         störendes Absetzen der Krone ohne Rücksicht auf Habitus und physiologische Erfordernisse. (Keine fach-
         gerechte Maßnahme).“ Daher gilt der Grundsatz: Das Kappen von Bäumen ist im Regelfall aus biologi-
         schen, biomechanischen, ethischen, ästhetischen und ökonomischen Gründen abzulehnen. Jede reali-
         sierte Kappung birgt zudem die Gefahr in sich, als Nachahmungsbeispiel für weitere Kappungen zu
         dienen.


         a.  Kappung ist keine Baumpflege

         Wie in der ZTV-Baumpflege wird auch in seriösen Fachkreisen und der einschlägigen Fachliteratur einhel-
         lig der Standpunkt vertreten, dass Kappung im Regelfall nichts mit Baumpflege zu tun haben kann. Bei
         der Kappung wird nicht auf geeignete Zugäste eingekürzt, sondern internodial geschnitten, also zwischen
         Verzweigungsknoten (Nodien). Außerdem wird viel zu viel an Kronenvolumen entnommen, nicht selten
         die komplette Krone und Teile des Stammes. Dabei werden Schnittverletzungen erzeugt, deren Menge
         und Größe fachlich indiskutabel sind. Die Kappung gesunder Bäume ist mit dem baumpflegerischen
         Berufsethos nicht vereinbar. In den meisten Fällen trifft dies auch auf kranke und/oder unsichere Bäume,
         die gekappt wurden, zu.
         Dennoch – nach wie vor werden Bäume rücksichtslos zusammengeschnitten – und dies keineswegs
         nur von Laien. Zur Rechtfertigung  werden besondere Umstände  angeführt, wird vom  Ausführen-
         den erklärt, dass der Auftraggeber die Verantwortung trage (Da stellt sich allerdings die Frage, ob
         sich der Fachmann seiner fachlichen Verantwortung entziehen darf, ob er nicht Bedenken anmelden




         * Texte von Marko Wäldchen, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, FLL-Regelwerksausschussmitglied Baumkontrollen/
         Baumuntersuchungen, Mitbegründer des BAUMZENTRUM’s, langjährige Zusammenarbeit mit Helge Breloer



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