Page 68 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Gefahren für Personen und Sachgüter verursachen wird, lässt sich in aller Regel nicht mit an Sicherheit
         grenzender oder auch nur überwiegender Wahrscheinlichkeit prognostizieren.“

         Hier hatte sich das OVG Münster mit Fragen des Baumschutzes zu befassen, wobei es überzogenen
         Sicherheitsanforderungen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht eine Absage erteilte und insbesonde-
         re Kronenrückschnitte, die zu einer Verstümmelung des Baumes führen, ablehnte.

         Hinsichtlich der Vorhersehbarkeit des Schadens ist auch zu unterscheiden zwischen einer
         theoretischen und einer konkreten Gefahr.

         Das OLG Köln hatte beispielsweise in einem Urteil vom 11. Juni 1992 Feststellungen zur Vorhersehbarkeit
         von Schäden getroffen, die für den Baumkontrolleur vor Ort wichtig sind. Das OLG Köln sah allein im Alter
         eines Baumes (hier von etwa 100 Jahren bei einer Eiche) noch keinen Grund zur Durchführung besonde-
         rer Kontrollmaßnahmen. Dazu gibt es heute eine teils abweichende Rechtsprechung, auf die zum Thema
         Alter näher eingegangen wird. Das OLG Köln begründete die Abweisung der Schadensersatzklage damit,
         dass kein Grund zu einer eingehenden Untersuchung bestand und bei einer Sichtkontrolle das spätere
         Herabstürzen des vollbelaubten Astes nicht vorhersehbar war. In diesem Zusammenhang wird auch auf
         das Phänomen des Sommerbruchs grüner Äste verwiesen. Das OLG Köln hatte im Gegensatz zu seiner
         ansonsten strengen Rechtsprechung in seinem Urteil nicht nur erstmals Bäume unter Umweltaspekten
         betrachtet, sondern auch hinsichtlich der Vorhersehbarkeit des Schadens die für den Baumkontrolleur vor
         Ort wichtige Entscheidung zwischen theoretischer und konkreter Gefahr getroffen. In den Ent-
         scheidungsgründen heißt es dazu:

         „Der Umstand, dass der Ast in den Luftraum über der Straße hineinragte und relativ groß war, vermag
         für sich allein keine Verpflichtung zur Beseitigung zu begründen. Die gegenteilige Ansicht würde dazu
         führen, dass alle Äste und Zweige von Bäumen auch dann, wenn sie gesund und nicht erkennbar ab-
         sturzgefährdet sind, vorbeugend abgesägt werden müssten, da zumindest die theoretische Gefahr be-
         steht, dass sie Straßenbenutzer schädigen können. Eine so weitgehende Verpflichtung zum Beschneiden
         von Bäumen besteht jedoch nicht. Sie würde weit über das hinausgehen, was dem Verkehrssicherungs-
         pflichtigen zugemutet werden kann und würde auch nicht der Bedeutung gerecht, die den Bäumen unter
         Umweltaspekten zukommt.“







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