Page 63 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Sichtkontrolle mit dem Hubwagen?
Das OLG Brandenburg hat sich mit einem Urteil vom 7. März 2000 hinsichtlich der Anforderungen an die
Art der Baumkontrollen in Gegensatz zu der herrschenden Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht
für Bäume gestellt, nach der als Regelkontrolle eine sorgfältige Sichtkontrolle vom Boden aus anzusehen
ist und erst beim Vorliegen besonderer verdächtiger Umstände eine eingehende Untersuchung vorzuneh-
men ist, zu der auch der Einsatz eines Hubwagens gehört. Das OLG Brandenburg stellt dagegen in sei-
ner Entscheidung vom 7. März 2000 fest:
„Die Pflichtverletzung des Landes besteht schon darin, dass es sich auf visuelle Kontrollen ohne den
Einsatz von Hubwagen beschränkt hat.“ In dem zugrunde liegenden Fall waren abgestorbene Äste aus
einer 20 m hohen Linde auf einen Pkw gefallen und hatten diesen beschädigt. Das Gericht hatte die zwei-
mal jährlich vom Boden aus erfolgte Sichtkontrolle des beklagten Landes nicht als entlastend angesehen,
sondern ausgeführt:
„Die fehlende Kenntnis des Beklagten vom Vorhandensein abgestorbenen Geästs kann auch daran gele-
gen haben, dass die fragliche Linde über 20 m hoch ist und sich das Astwerk nur im obersten Bereich
befindet. Zwischen den Parteien ist insbesondere unstreitig geblieben, dass vom Boden aus das Totholz
nicht unbedingt erkennbar war. Auch dies entlastet das beklagte Land jedoch nicht. Im vorliegenden Fall
reichte eine Kontrolle vom Boden aus nämlich nicht aus. Die Pflichtverletzung des Landes besteht schon
darin, dass es sich auf visuelle Kontrollen ohne den Einsatz von Hubwagen beschränkt hat. Eine visuelle
Kontrolle kann nur dann sinnvoll sein, wenn diese so durchgeführt wird, dass der Baum auch tatsächlich
in seinen Einzelheiten in Augenschein genommen werden kann. Wenn dies vom Boden aus nicht mög-
lich ist, so müssen Hilfsmittel eingesetzt werden, um auch das Astwerk der Krone in Augenschein zu neh-
men. Die Beschränkung auf die Notwendigkeit einer Kontrolle vom Boden aus führte sonst zu dem absur-
den Ergebnis, dass das Unterlassen der Kontrolle unbeachtlich wäre, wenn vom Boden aus ohnehin keine
Feststellungen getroffen werden könnten. In derartigen Fällen ist es deshalb notwendig, Hilfsmittel, wie
etwa Hubwagen, bei den Kontrollen einzusetzen.“
Hier ist das OLG von den Grundregeln der Verkehrssicherungspflicht abgewichen. Wenn nicht alle
Voraussetzungen, wie sie von der Rechtsprechung für die Annahme einer Verletzung der Ver-
kehrssicherungspflicht (siehe roter Faden) aufgestellt wurden, geprüft werden, kommt es leicht zu
Fehlentscheidungen wie der vorliegenden. Zu einem absurden Ergebnis – solche Begründungen wirken