Page 67 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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sind. Es gibt Ausnahmen, wenn beispielsweise der Baum von einer Krankheit befallen ist, die außerge-
         wöhnlich schnell fortschreitet und in kurzer Zeit die Sicherheit des Baumes gefährden kann. Vor Jahren
         war dies ein Thema beim so genannten Ulmensterben, wo die Rechtsprechung in Einzelfällen eine je nach
         Befall notwendige zweimal jährliche Baumkontrolle forderte. Heute ist die Massaria-Krankheit eine ernst
         zu nehmende Bedrohung für die Verkehrssicherheit der Straßenbäume, wobei es in relativ kurzer Zeit zu
         einem Abbruch von Ästen kommen kann. Hinzu kommt, dass der Befall durch die Massaria-Krankheit
         vom Boden aus oft schwer zu erkennen ist, weil vorzugsweise die Astoberseite befallen ist. Hier muss
         gegebenenfalls nach dem Auftreten der Krankheit die Sichtkontrolle mit dem Hubsteiger erfolgen. Diese
         Beispiele zeigen einmal mehr, dass es für die Baumkontrolle keine starren Regeln geben kann. Es kommt
         vielmehr auf die fachliche Kompetenz des Baumkontrolleurs an.



               Die Vorhersehbarkeit des Schadens

         Der Sachverständige muss zu der – haftungsbegründenden – Vorhersehbarkeit des Schadens Aussagen
         treffen.

         Wenn das Unglück geschehen ist, lässt sich der Schaden oft schnell erklären, und nur allzu leicht wird
         hierbei die Feststellbarkeit des Schadens mit seiner Vorhersehbarkeit gleichgesetzt. Das ist ein schwerwie-
         gender Fehler, der immer zu Lasten des Verkehrssicherungspflichtigen geht und natürlich auch zu Lasten
         der Bäume. Hätte der gleiche Sachverständige unter dem gleichen Baum vielleicht ein paar Wochen vor
         dem Unfall gestanden und wäre um seine Stellungnahme gebeten worden, so wäre diese unter Um-
         ständen  völlig  anders  ausgefallen, weil  die  durch den  Unfall  zutage  getretenen  Schäden  noch  ver-
         deckt waren.
         Diese Problematik hat der BGH bereits in einem Urteil vom 21. 2. 1961 angesprochen. Dort heißt es: „Der
         Umfang der gebotenen Überwachung und Sicherung kann nicht an dem gemessen werden, was zur
         Beseitigung jeder Gefahr erforderlich gewesen wäre; denn es ist nicht möglich, den Verkehr völlig ge-
         fahrlos zu gestalten. Deshalb kann aus der Tatsache . . . des Unfalls allein nicht auf ein Pflichtversäumnis
         geschlossen werden.“

         Zur Vorhersehbarkeit des Schadens hat das OVG Münster in einem Urteil vom 8. Oktober 1993 treffend
         festgestellt: „Ob ein alter und bereits vorgeschädigter Baum etwa künftig bei Unwetter oder Stürmen
         umstürzen,  auseinanderbrechen  oder jedenfalls Äste  von beachtlichem Gewicht  verlieren und damit
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