Page 66 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Häufigkeit der Baumkontrollen


         Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Bäume „nach dem derzeitigen Stand der Technik
         und Erfahrungen“ in „angemessenen Abständen auf Krankheitsbefall zu überwachen“. Weder in seinem
         grundsätzlichen Urteil vom 21. 1. 1965 noch im späteren Pappelurteil vom 4. 3. 2004 legte der BGH den
         „angemessenen Zeitabstand“ fest. Aber kurz darauf hat der BGH in seinem Urteil vom 2. 7. 2004 unter
         Hinweis auf den bereits genannten roten Faden ausdrücklich klar gestellt:

         „Wie oft und in welcher Intensität solche Baumkontrollen durchzuführen sind, lässt sich nicht generell
         beantworten. Ihre Häufigkeit und ihr Umfang sind von dem Alter und Zustand des Baumes sowie seinem
         Standort abhängig (Breloer, Wertermittlungsforum 2004, 3, 8).“
         Entgegen der  Ansicht einzelner Oberlandesgerichte fordert der BGH also keine zweimal jährlichen
         Baumkontrollen. (AFZ-Der Wald, 16/2009, 876) Stets geht es darum, ob der Baumkontrolleur aus fachli-
         cher Sicht im Rahmen der an diesem Standort erforderlichen Baumkontrolle Krankheitsanzeichen eines
         Baumes übersehen hat, die darauf hindeuten, dass der Baum umstürzen oder Äste aus seiner Krone bre-
         chen werden. Wenn ein Ast ausbricht, gibt es – von ungewöhnlicher Witterungsverhältnissen und äußer-
         lichen Einwirkungen abgesehen – stets irgendwelche Anzeichen und Veränderungen, die auf den be-
         vorstehenden Ausbruch hinweisen. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass diese Anzeichen von jedem
         Baumkontrolleur zu erkennen sind und vor allem erkannt werden mussten, dass er also fahrlässig gehan-
         delt hat. Es kommt auf die im roten Faden genannten Begleitumstände an, die auch dazu führen kön-
         nen, dass vorhandene Defektsymptome in manchen Fällen nicht erkannt bzw. nicht richtig beurteilt
         werden können. In solchen Fällen handelt der Baumkontrolleur nicht fahrlässig.

         Das wird in der derzeitigen strengen Rechtsprechung einzelner Oberlandesgerichte (vgl. dazu die jüng-
         sten Urteile unter Verkehrssicherungspflicht in www.baeumeundrecht.de) nicht beachtet, wenn beispiels-
         weise das OLG Rostock in einem Urteil vom 10. 7. 2009 fordert, dass bei Baumkontrollen auch kleinere
         Pilzfruchtkörper nicht übersehen werden dürften. Das OLG Rostock erhebt zudem wieder die Forderung
         nach zweimal jährlicher Kontrolle, und zwar ungeachtet der eindeutigen Absage des BGH an diese Forde-
         rung. Dagegen hat das OLG Brandenburg bereits in einem Urteil vom 18. 10. 2007 die Forderung nach
         zweimal jährlicher Kontrolle unter Hinweis auf das BGH-Urteil abgelehnt.

         Ebenso wenig wie es eine generelle Forderung nach zweimal jährlicher Baumkontrolle geben kann, kann
         es aber auch eine Feststellung geben, dass generell keine zweimal jährlichen Baumkontrollen notwendig


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