Page 30 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Osterüberraschung


         Vorabinformation am Gründonnerstag kann rechtens sein

         VK Sachsen-Anhalt (Beschl. v. 21.06.2018, Az.: 1 VK LSA 13/18)

         Das Land Sachsen-Anhalt wirbt damit, das Land der Frühaufsteher zu sein. Seine Vergabekammer hat das
         verinnerlicht: Bei Fristberechnungen hat sie in der Vergangenheit oft eher bieterunfreundlich entschieden

         und wenig Raum für großzügige Fristauslegungen gelassen. So auch jetzt bei der Frage, ob eine Vorabin-
         formation nach § 134 GWB am Gründonnerstag zulässig sein kann. Das OLG Düsseldorf hatte dies auf-
         grund der Vielzahl von nachfolgenden arbeitsfreien Tagen in einer Entscheidung im Jahr 2014 noch sehr
         kritisch gesehen. Damals ging die 134er-Mitteilung am Gründonnerstag nach 17 Uhr ein, der Zuschlag

         sollte am Montag in der Woche nach Ostern erteilt werden.

         Im aktuellen Fall, der die Objektplanung für Verkehrsanlagen betraf, erging die Mitteilung am Gründon-
         nerstag um 6 Uhr morgens. Der Zuschlag wurde zwar ebenfalls für den Montag nach Ostern als frühest-
         möglichem Termin avisiert. Er erfolgte tatsächlich aber erst am Mittwoch. Das unterscheidet die Fälle aus
         Düsseldorf und Halle: Dem Bieter standen in Halle sowohl noch der ganze Gründonnerstag als Reaktions-

         zeit auf das Absageschreiben zur Verfügung als auch praktisch die beiden Tage, um die sich der Zuschlag
         verzögert hatte. Damit hatte er jedenfalls deutlich mehr Zeit als im Düsseldorfer Fall, wo – in Anbetracht
         der Dienstzeiten der Vergabekammern – nur etwas mehr als 72 Stunden zur Verfügung standen, um zu
         rügen und ggf. die Nachprüfung zu beantragen inklusive der notwendigen Auslösung des Zuschlagsver-

         botes, das dem öffentlichen Auftraggeber von Seiten der Vergabekammer bekanntgegeben werden muss.

         Der Bieter in Sachsen-Anhalt hat es dennoch erst am Donnerstag geschafft, seinen Nachprüfungsantrag
         bei der Vergabekammer einzureichen. Das war dann definitiv zu spät, meinte die Kammer. Der Zuschlag
         war wirksam erteilt. Der Bieter kann sich nicht auf den Beschluss des Düsseldorfer Senats berufen, der den
         Versand am Gründonnerstag potentiell als rechtsmissbräuchliche Verkürzung der Rechtsschutzmöglich-

         keiten angesehen hatte. Aufgrund der tatsächlich um einige Tage längeren Bearbeitungszeit des aktuellen
         Falles gebe es keinen Grund, die Nachprüfung ausnahmsweise zuzulassen.




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