Page 29 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Problematisches Qualitätssiegel


         Anforderungen der Zertifizierung müssen auftragsbezogen sein

         VK Berlin (Beschl. v. 20.06.2018, Az.: VK-B2-10/18)

         Für Kanalarbeiten unter der Straße verlangte der Auftraggeber, dass die Bieter das Benutzungsrecht für
         das Qualitätssiegel der Qualitätsgemeinschaft Städtischer Straßenbau e.V. (QGS) nachweisen sollten. Al-

         ternativ ließ er auch zu, dass der Inhalt dieser Zertifizierungsnorm durch andere Gutachter bestätigt wer-
         de, die wiederum von der QGS anerkannt sein müssten. Den Inhalt der Norm gab er nicht wieder. Statt-
         dessen verwies er auf die Veröffentlichungen der QGS unter einer bekanntgemachten Internetadresse.

         Ein Interessent forderte zunächst durch Rüge, schließlich im Nachprüfungsverfahren, dass der Auftrag-
         geber diese Verengung auf einen ausschließlich von der QGS abhängenden Eignungsnachweis aufgeben

         solle. Der Auftraggeber half der Rüge ab, beharrte aber auf seiner Rechtsposition, dass er das Siegel
         fordern dürfe. Die Vergabekammer entschied im Fortsetzungsfeststellungsverfahren zu Gunsten des In-
         teressenten.

         Sie nahm die Anforderungen der QGS auseinander. Unzulässig sei schon, dass die GQS für die Erteilung
         des Siegels die Präqualifikation des Unternehmens fordere. Und schon bei kursorischer Durchsicht war

         der Kammer aufgefallen, dass auch die sonstigen Anforderungen sachlich nicht zu dem ausgeschriebenen
         Auftrag passten. So muss ein Betrieb, der das QGS-Siegel führen will, sich nicht nur dessen Güteüberwa-
         chung unterwerfen. Er muss zudem nachweisen, dass der Betriebsleiter fünf Jahre Erfahrung im Straßen-
         bau besitzt und dass sein Personal längstens vor vier Jahren die letzte bauspezifische Schulung erhalten

         hat. Aus der Dokumentation der Vergabeakte ergebe sich nirgends, warum derartig hohe Anforderungen
         an den Auftragnehmer gestellt werden müssten. Zudem waren auch diese Kriterien für die Eignung gar
         nicht wirksam bekannt gemacht: Die Verlinkung auf die Website der GQS jedenfalls genügt nicht den An-
         forderungen an die Bekanntmachung, weil damit kein unmittelbarer Zugang zu den Kriterien ermöglicht

         wurde.
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