Page 34 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Ungeeignete Referenz


         Temporäre Abspannung ist nicht vergleichbar

         VK Südbayern (Beschl. v. 06.09.2018, Az.: Z3-3-3194-1-24-07/18)

         Der Auftraggeber beabsichtigte eine Brücke errichten zu lassen, die als seilverspanntes Bauwerk ausge-
         führt werden sollte. Dazu verlangte er von den Interessenten, dass sie mindestens eine Referenz vorlegen

         sollten für „ein seilverspanntes Bauwerk, welches im Freivorbau errichtet wurde“. Ein Bieter benannte
         als Referenz eine Brücke, die im freien Vorbau errichtet wurde. Der Vorbau wurde bis zum Erreichen stati-
         scher Stabilität durch eine temporäre Seilverspannung gesichert. Nach Fertigstellung der Brücke war die
         Abspannung ersatzlos entfallen. Der Auftraggeber akzeptierte diese Referenz nicht. Die Vergabekammer

         gibt ihm nach Sachverständigenanhörung Recht.

         Aus dem sprachlichen Aufbau für die Referenzanforderung ergebe sich, dass zwei kumulative Vorausset-
         zungen vorliegen mussten, nämlich dass es sich um ein seilverspanntes Bauwerk handelt, und dass dieses
         im Freivorbau errichtet wurde. Das Adjektiv „seilverspannt“ beziehe sich auf das Bauwerk (in seinem End-
         zustand), nicht auf den Vorbau. (Es hieß eben nicht: „im seilverspannten Vorbau errichtetes Bauwerk“).

         Die Referenz betreffe aber eine in Stahlbetonbauweise errichtete Bogenbrücke.

         Ein dauerhaft seilverspanntes Bauwerk stelle andere Anforderungen an die Bemessung und konstruktive
         Detaillierung als ein nur temporär abgespanntes Bauwerk und unterliegt zudem – wie der Sachverstän-
         dige erläuterte – auch anderen technischen Regelwerken. Ein fachkundiges Unternehmen habe nicht
         davon ausgehen dürfen, dass der Auftraggeber eine temporäre Verspannung als vergleichbar ansehen

         werde. Die in diesem Zusammenhang gestellte Bieterfrage helfe dem Bieter auch nicht weiter, denn sie
         beschäftigte sich wohl mit der Frage, wie der Nachweis zu führen ist (und ob er auch von einem Nachun-
         ternehmer erbracht werden kann). Ihr war aber gerade der entscheidende Aspekt der temporären statt
         dauerhaften Verspannung nicht zu entnehmen. Deswegen kann auch die Antwort darauf kein günstigeres

         Ergebnis für den Bieter bringen.






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