Page 35 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Bei Nacht sind alle Katzenköpfe grau
Aber tagsüber gilt: RAL 7016 ist nicht hellgrau!
VK Bund (Beschl. v. 08.10.2018, Az.: VK 2-84/18)
Für die Pflasterdecke hatte das Leistungsverzeichnis folgendes Material vorgesehen: Naturstein, Ober-
fläche naturrau, Material ohne sichtbare Körnung, Farbe anthrazitgrau – Vergleichsfarbe RAL 7016. In-
nerhalb von sechs Tagen nach Aufforderung sollten die Bieter repräsentative Mustersteine zu den bereits
zuvor eingereichten Angeboten vorlegen. Beim Auftraggeber ging infolgedessen zu einem Angebot eine
Lieferung von vier gleichen Steinen ein.
Diese Muster hatte der Baustofflieferant des Bieters auf telefonische Bitte des urlaubsbedingt abwesen-
den Angebotsbearbeiters direkt an die Vergabestelle gesendet, ohne dass diese Lieferung vom Bieter zu-
vor in Augenschein genommen worden war. Ausgeführt hat die Lieferung auch beim Baustoffhändler eine
Urlaubsvertretung, die sich der Bedeutung der Sache nicht bewusst war. Nach Rückkehr aus dem Urlaub
und nach Ablauf der Einreichungsfrist erfährt der Bearbeiter, dass wohl irrtümlich vier gleiche Steine aus-
gereicht worden waren an Stelle vierer unterschiedlicher Varianten. So wollte er noch die Nachreichung
weiterer Steine erreichen. Er hatte damit beim Auftraggeber zunächst Erfolg, vor der Vergabekammer
jedoch nicht mehr.
Der Auftraggeber schloss ihn trotz Nachlieferung aus, denn auch die nachgelieferten Steine fanden nicht
sein Gefallen. Die Erstlieferung aber war in der Vergabedokumentation als mittelgrau und feinkörnig be-
schrieben. Die Vergabekammer hat die Steine später in Augenschein genommen und als hellgrau bezeich-
net. Damit war klar, dass die Steine deutlich von der Vorgabe „vergleichbar RAL 7016“ abwichen. Ebenso
passten auch die nachgelieferten Steine nicht zu den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses. Sie waren
hart gesägt statt naturrau und hatten eine unerwünschte sichtbare Körnung. Das spielte aber letztlich
keine Rolle mehr, denn sie hätten gar nicht mehr gewertet werden dürfen, befand die Vergabekammer,
weil sie verspätet ankamen. Die Urlaubsprobleme beim Bieter gingen zu dessen Lasten.