Page 10 - Einkaufsführer für den Straßenbau Deutschland
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Vorabinformation löst Rügepflicht aus


         Ungerügte Fehler haben Bestand

         VK Nordbayern (Beschl. v. 03.08.2017, Az.: 21.VK-3194-14/17)

         Der Auftraggeber startete seine Ausschreibung zum Autobahnunterhalt nicht mit einer Auftragsbekannt-
         machung, sondern mit einer sog. Vorinformation nach § 12 EU Abs. 2 VOB/A, die zugleich als Aufforde-

         rung zur Interessensbekundung in einem Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbe-
         werb diente. Unternehmen, die sich daraufhin meldeten, wurden zur Interessenbestätigung aufgefordert,
         wodurch der eigentliche Teilnahmewettbewerb erst in Gang gesetzt wurde. Bereits mit der Aufforderung
         zur Interessensbekundung hatte der Auftraggeber einen Internet-Link direkt zu einer Anlage gesetzt, aus

         der die Eignungskriterien unmittelbar erkennbar waren. Mit der Aufforderung zur Interessensbestätigung
         forderte der Auftraggeber bereits die Verpflichtungserklärungen potentieller Nachunternehmer.

         Im Verlauf des Verhandlungsverfahrens kommt es zu Unstimmigkeiten zwischen einem Bieter und dem
         Auftraggeber, die schließlich in einem Nachprüfungsverfahren enden. Üblicherweise wird dabei von Sei-
         ten des Antragstellers das gesamte bisherige Verfahren noch einmal durchleuchtet, denn es gilt, bereits im

         Nachprüfungsantrag jeden Verfahrensfehler zu benennen. Nachgeschobene Argumente werden von der
         Vergabekammer unter Umständen nicht mehr gehört. Bei dieser Überprüfung fiel dem Bieter auf, dass die
         Veröffentlichung der Eignungskriterien und die Forderung der Verpflichtungserklärungen möglicherweise
         unzulässig war.

         Das aber kommt schon zu spät, sagt die Vergabekammer dazu. Beide Verstöße waren bereits aus den

         ausgereichten Unterlagen erkennbar. Sie hätten bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist bzw. bis zum Ablauf
         der Angebotsfrist gerügt werden müssen. Die Vergabekammer weist ausdrücklich darauf hin, dass eine
         Vorinformation nach § 12 EU Abs. 2 VOB/A die gleiche Rügepflicht auslöst wie eine Auftragsbekannt-
         machung, auch wenn diese Form der Veröffentlichung in § 160 Abs. 3 Nr. 2 GWB, der die Rügepflichten

         regelt, nicht ausdrücklich erwähnt ist.






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